Afrika im Fokus: Wie China seinen Einfluss ausbaut – und warum Deutschland nicht tatenlos bleiben darf

Die geopolitische Landkarte Afrikas wird neu gezeichnet – und China spielt dabei eine zentrale Rolle. Mit milliardenschweren Investitionen in Straßen, Eisenbahnen, digitale Infrastruktur und Energieprojekte ist das Reich der Mitte heute in fast jedem afrikanischen Land präsent. Nach Angaben der China Africa Research Initiative (CARI) der Johns Hopkins University vergab China zwischen 2000 und 2022 über 150 Milliarden US-Dollar an Infrastrukturkrediten auf dem Kontinent.
Doch Chinas Engagement beschränkt sich längst nicht mehr nur auf Bauprojekte. China finanziert Universitäten, eröffnet Kulturzentren, vergibt Stipendien und bietet Journalismusprogramme an – mit dem Ziel, Narrative zu prägen und langfristige Abhängigkeiten zu schaffen. Über das Medienunternehmen StarTimes erreicht China Millionen afrikanischer Haushalte täglich mit eigenen Inhalten. Auch durch das Bildungsprogramm des China-Africa Institute wächst der ideologische Einfluss – leise, aber wirkungsvoll.
Afrika als Raum für Einfluss, nicht nur Entwicklung
Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern Teil einer klaren geopolitischen Strategie: China setzt auf Einfluss durch Infrastruktur und Präsenz durch strategische Partnerschaften. Die Volksrepublik baut nicht nur, sie vernetzt. Afrikanische Staats- und Regierungschefs treffen regelmäßig mit chinesischen Delegationen zusammen – zuletzt beim China-Africa Economic and Trade Expo in Changsha 2023, an dem Vertreter von über 50 Staaten teilnahmen. China bietet dort, was viele afrikanische Länder fordern: verlässliche Finanzierung, pragmatische Zusammenarbeit und keine Konditionalitäten.
Laut dem China Index 2022 der taiwanesischen NGO Doublethink Lab gehören 13 afrikanische Länder zu jenen, in denen chinesischer Einfluss auf Politik, Medien und Wissenschaft bereits hoch ist – Tendenz steigend.
Deutschland riskiert den Bedeutungsverlust
Deutschland steht in dieser Entwicklung vor einer paradoxen Situation: Während China seinen Einfluss in Afrika durch langfristige Investitionen systematisch ausbaut, wird in Berlin über Kürzungen beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) diskutiert. Der Haushaltsentwurf 2025 sieht eine Reduktion der ODA-fähigen Mittel vor – und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem Partnerschaften im globalen Süden an strategischer Relevanz gewinnen.
Dabei hat Deutschland viel zu verlieren. Afrika ist nicht nur ein zentraler Partner in Energie- und Klimapolitik, sondern auch in Migrationsfragen, Sicherheitspolitik und Rohstoffversorgung. Der Bedarf an europäischer – und speziell deutscher – Kooperation ist da. Doch ohne ausreichende finanzielle Mittel verliert Deutschland an Handlungsfähigkeit – mit Folgen für seinen Einfluss in multilateralen Gremien, seine außenwirtschaftliche Position und die Sichtbarkeit deutscher Werte und Standards auf dem Kontinent.
Entwicklungszusammenarbeit ist geopolitisches Kapital
Deutschland gilt in vielen afrikanischen Staaten als geschätzter und verlässlicher: Programme in Bildung, berufliche Qualifizierung, Energiewende und guter Regierungsführung stehen hoch im Kurs. Deutsche Entwicklungszusammenarbeit genießt den Ruf, transparent, kooperativ und nachhaltig zu sein – anders als viele Angebote aus autoritären Staaten.
Doch Vertrauen allein genügt nicht. Wer dauerhaft Einfluss nehmen will, muss präsent bleiben. Entwicklungshilfe ist heute längst keine Altruismusfrage mehr – sie ist ein Instrument außenpolitischer Wirksamkeit. So formuliert es auch der OECD Development Co-operation Report 2023: „ODA muss künftig stärker als geopolitisches Instrument gedacht werden, um demokratische Partnerschaften zu stärken und strategische Resilienz aufzubauen.“
Einfluss durch Präsenz
In einer Welt zunehmender Blockbildung ist Entwicklungspolitik kein nachgelagerter Bereich mehr – sie ist Teil strategischer Außenpolitik. Wer jetzt beim Entwicklungsetat den Rotstift ansetzt, riskiert nicht nur Wirkungslosigkeit, sondern geopolitischen Bedeutungsverlust.
Chinas Einfluss in Afrika wächst nicht nur durch Straßen und Häfen – sondern durch Erzählungen, Symbole und Verlässlichkeit. Wenn Deutschland seine Position halten will, braucht es eine Entwicklungszusammenarbeit, die nicht nur effizient ist, sondern auch präsent, strategisch und politisch wirksam.