Wettlauf um Meinungen: Wie Russland und China Afrikas Medienlandschaft formen – und warum Deutschland gegensteuern muss

Wettlauf um Meinungen: Wie Russland und China Afrikas Medienlandschaft formen – und warum Deutschland gegensteuern muss

In Mali lernen angehende Medienschaffende das journalistische Handwerk – gefördert von einer Agentur namens African Initiative. Drei von ihnen haben Aussicht auf eine feste Anstellung. Was kaum jemand weiß: Hinter der Agentur stehen russische Nachrichtendienste. Und das ist kein Einzelfall.

The Economist berichtet, dass Russland und China gezielt in weiten Teilen Afrikas in den Aufbau medialer Strukturen investieren – mit Ausbildungsprogrammen, Stipendien und direkten Content-Partnerschaften. Ziel ist dabei nicht unabhängiger Journalismus, sondern die Verbreitung eigener Narrative, der Ausbau von Einfluss und die Festigung geopolitischer Präsenz. Während westliche Länder ihre Medienförderung zurückfahren, bauen Moskau und Peking ihre mediale Präsenz systematisch aus.

China und Russland setzen auf „Medienpartnerschaften“ 

Inzwischen betreibt Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua 37 Büros in Afrika. Russische Medien wie RT und Sputnik eröffnen Akademien, schalten gezielte Facebook-Kampagnen und arbeiten mit lokalen Sendern zusammen. In Kenia zum Beispiel speist Xinhua regelmäßig Inhalte in die Programme der Nation Media Group ein – mit einer potenzieller Reichweite von rund 28 Millionen Followern in den sozialen Netzwerken.

Für viele afrikanische Medienhäuser ist das ein attraktives Angebot: Kostenfreie Inhalte, technische Infrastruktur und Reichweitenversprechen sind in vielen Märkten ein verlockendes Gesamtpaket. Im Gegenzug sichern sich China und Russland Einfluss auf die Auswahl und Darstellung von Themen – von COVID-19 über wirtschaftliche Entwicklungen bis hin zu Protestbewegungen.

Der Westen zieht sich zurück – ein gefährliches Vakuum entsteht

Während autoritäre Staaten gezielt in den Ausbau ihrer medialen Soft Power investieren, schwindet der westliche Einfluss. Die Finanzierung von internationalen Sendern wie Voice of America oder France24 wird reduziert, viele Ausbildungsprogramme wurden eingestellt. Selbst öffentlich-rechtliche Sender in Europa kämpfen mit Kürzungen. Die Folge: Weniger Präsenz, nachlassendes Vertrauen, geringere Wirkung.

Dabei zeigt die Forschung klar: Medialer Einfluss und politische Deutungshoheit gehen Hand in Hand. In Ländern, in denen chinesische Medien besonders präsent sind, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass lokale Berichterstattung chinesische Positionen übernimmt – etwa, wenn prodemokratische Proteste als „Unruhen“ bezeichnet werden.

Was das mit deutscher Entwicklungspolitik zu tun hat

In Afrika entscheidet sich nicht nur die Zukunft von Märkten und Rohstoffpartnerschaften – sondern auch, welche Werte künftig als verbindlich gelten. Wenn westliche Länder aus dem medialen Diskurs ausscheiden, verlieren sie politische Glaubwürdigkeit und strategischen Rückhalt.

Deutschland genießt in vielen afrikanischen Ländern einen Vertrauensvorsprung – durch langjährige Zusammenarbeit in Bildung, Governance und Infrastruktur. Doch dieser Vorsprung ist nicht selbstverständlich. Nur wer dauerhaft präsent ist, findet auch Gehör.

Entwicklungspolitik kann dabei mehr sein als Budgethilfe oder Projektförderung. Sie ist ein Instrument, um lokale Partner zu stärken, journalistische Standards zu fördern und Meinungsvielfalt zu sichern – besonders dort, wo autokratische Einflussnahmen zunehmen. In Zeiten globaler Informationskonflikte wird Entwicklungszusammenarbeit so auch zu einem Element strategischer Resilienz.

Einfluss durch Sichtbarkeit 

Die öffentliche Meinung in Afrika befindet sich im Umbruch. Wer heute investiert, gestaltet morgen Narrative, Allianzen und Entscheidungsräume. Russland und China haben diesen Wandel früh erkannt – und handeln entsprechend. Deutschland dagegen diskutiert über Kürzungen.

Dabei geht es nicht nur um Medien. Es geht um Vertrauen, Partnerschaft und die Fähigkeit, in einer multipolaren Welt noch Gehör zu finden. Entwicklungszusammenarbeit ist ein Hebel – nicht nur für Stabilität und Teilhabe, sondern auch für mediale Präsenz und politische Wirksamkeit. Wer ihn ignoriert, überlässt das Feld anderen.